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30.06.2025

Kurzstudien zur Frage: „Was kostet die Ökobilanzierung von Gebäuden“ sowie zur Klimawirkung und Kosten von Wohngebäuden veröffentlicht

Im April 2025 wurden von DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) und BPIE (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) zwei Kurzstudien veröffentlicht. - „Gebäudeökobilanzen: Marktdaten zu Relevanz und Kosten“ - „Lebenszyklusbasierte Betrachtung von Gebäuden: Eine Analyse von 28 Wohngebäuden zu Klimawirkungen und Kosten“

Kurzstudie: „Gebäudeökobilanzen: Marktdaten zu Relevanz und Kosten“

Diese Kurzstudie untersucht die aktuelle Marktsituation in Deutschland hinsichtlich der Ökobilanzierung von Gebäuden. Ziel war es, eine fundierte Wissens- und Datengrundlage für Diskussionen über die Kosten und Chancen der Berechnung von Gebäudeökobilanzen bereitzustellen, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche verpflichtende Einführung solcher Bewertungen für Neubauten.

Die Studie basiert auf zwei Hauptkomponenten. Einer Marktrecherche zur Untersuchung bestehender Qualifizierungsangebote und verfügbarer Softwaretools zur Gebäudeökobilanzierung sowie einer Umfrage von 62 DGNB-Auditoren, die Dienstleistungen im Bereich der Gebäudeökobilanzierung anbieten, und zu den anfallenden Kosten und Optimierungspotenzialen. 

Zentrale Ergebnisse der Studie:

  • Wachsende Bedeutung der Ökobilanzierung: Die Relevanz der Gebäudeökobilanzierung nimmt stetig zu. Viele Unternehmen haben bereits Expertise aufgebaut, und es gibt vielfältige Qualifizierungsmöglichkeiten sowie zahlreiche Tools zur Berechnung von Gebäudeökobilanzen.
  • Vielfalt an Softwaretools: Es existieren über 25 verschiedene Softwareanwendungen zur Lebenszyklusanalyse von Gebäuden auf dem deutschen Markt. Diese unterscheiden sich jedoch erheblich in Methodik, Anwendungsbereichen und Kosten.
  • Kosten für Ökobilanzierung: Die Beratungskosten für die Erstellung einer Gebäudeökobilanz variieren stark, abhängig von Faktoren wie Datenverfügbarkeit, Gebäudegröße und -typ sowie dem Umfang der Beratungsleistungen. Im Mittel liegen diese zwischen 7.000 und 15.000 Euro pro Projekt.
  • Einsparpotenziale durch Digitalisierung: Die Anwendung von Building Information Modelling (BIM) und digitalen Zwillingen kann den Aufwand für Datenbeschaffung reduzieren und somit Kosten senken. Zudem wird die Standardisierung von Methoden und Datengrundlagen als wichtiger Schritt zur Effizienzsteigerung angesehen.
  • Qualitätssicherung: Die Studie betont die Notwendigkeit einer unabhängigen Prüfung von Gebäudeökobilanzen, insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung dieses Instruments für Zertifizierungen, Finanzierungen und gesetzliche Vorgaben. Drei wesentliche Komponenten für die Qualität einer Gebäudeökobilanz werden identifiziert: die Expertise der ausführenden Personen, die Qualität der verwendeten Werkzeuge und Daten sowie die unabhängige externe Validierung der Ergebnisse.

Kurzstudie: „Lebenszyklusbasierte Betrachtung von Gebäuden: Eine Analyse von 28 Wohngebäuden zu Klimawirkungen und Kosten“

Diese Kurzstudie untersucht die Zusammenhänge zwischen Baukosten und Treibhausgasemissionen (THG) über den gesamten Lebenszyklus von Wohngebäuden. Für die Studie wurden 28 DGNB-zertifizierte Wohnungsneubauten analysiert. Dabei wurden sowohl die Herstellungskosten als auch die THG-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus der Gebäude betrachtet. Ziel war es, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob klimafreundliches Bauen zwangsläufig mit höheren Kosten verbunden ist und welche Faktoren besonders zur Reduktion von Emissionen beitragen.

Zentrale Ergebnisse der Studie:

  • Klimafreundliches Bauen ist nicht zwangsläufig teurer: Im Durchschnitt lagen die Herstellungskosten lebenszyklusoptimierter Gebäude bei 220 €/m² BGF(R) und damit geringfügig höher. Einzelne Projekte zeigten jedoch, dass solche Gebäude auch kostengünstiger realisiert werden können als konventionelle Neubauten.
  • Keine klare Korrelation zwischen Kosten und Emissionen: Ein grundsätzlicher Zusammenhang zwischen niedrigen CO2-Emissionen und höheren Baukosten ließ sich gemäß Studie nicht bestätigen, obwohl die Herstellungskosten der Gebäude mit geringeren CO2-Emissionen im Mittel um rund 12% über den Standardausführungen lagen.
  • Materialwahl des Tragwerks als entscheidender Faktor: Die Auswahl der Materialien für das Tragwerk hat den größten Einfluss auf die Reduktion der sogenannten „grauen Emissionen“, also der Emissionen, die während der Herstellung entstehen.
  • Lebenszykluskosten berücksichtigen: Über die Nutzungsdauer eines Gebäudes hinweg fallen nahezu ebenso hohe Kosten für Betrieb und Instandhaltung an wie für die Errichtung selbst. Daher ist es wirtschaftlich sinnvoll, bereits in der Planungsphase die gesamten Lebenszykluskosten zu berücksichtigen.

Grundsätzlich liefert die Studie einen wertvollen Impuls für die lebenszyklusbasierte Bewertung von Wohngebäuden, besonders im Hinblick auf die Klimawirkung (LCA-THG Anforderung). Zu kritisieren ist insbesondere die begrenzte Fallzahl (kleine Stichprobe von nur 28 Gebäuden) und die mangelnde Repräsentativität der DGNB-zertifizierten Neubauten. Das limitiert die Aussagekraft, zudem fehlen Vergleichsprojekte ohne Nachhaltigkeitszertifizierung. Die Untersuchung fokussiert sich ausschließlich auf die THG-Emissionen, wobei andere wichtige Umweltwirkungen außer Acht gelassen werden. Damit kann keine ganzheitliche ökologische Bewertung vorgenommen werden. Des Weiteren bleiben sozioökonomische Aspekte wie Behaglichkeit, Wohnqualität und Nutzerzufriedenheit unberücksichtigt.

Die Studien finden Sie hier: